Weihnachtsland Erzgebirge - Alte Bräuche und Traditionen zur Weihnachtszeit!

Der Christstollen

Zu einem wahren Klassiker der erzgebirgischen Weihnacht, der inzwischen auch außerhalb des Weihnachtslandes Tradition geworden ist, gehört der Christstollen, vornehmlich der Dresdner Stollen. Die Geschichte des Dresdner Christstollens, ursprünglich „Striezel“ genannt, geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1474 wurde der Strietzel erstmals in einer Rechnung einer Bäckerzunft an den Dresdner Hof erwähnt. Allerdings war das damals noch ein sehr einfaches Backwerk für das Adventsfasten, bestehend aus Mehl, Hefe und Wasser. Denn die katholische Kirche erlaubte weder Butter noch Milch. Die Bäcker wandten sich deshalb an Papstes Innozenz VIII., mit der Bitte, ihrem Gebäck Butter zusetzen zu dürfen. Erst mit dem „Butterbrief“ durften gehaltvollere Zutaten wie Gewürze, Fett oder Rosinen und kandierte Früchte dem Gebäck zusetzt werden. Bereits um 1500 wurden in Dresden auf dem Striezelmarkt, einem der ältesten Weihnachtsmärkte Deutschlands, Stollen verkauft. Bis heute soll die Form des Gebäcks an das eingewickelte Jesuskind erinnern.

Bis heute gibt es drei Regionen, wo die Tradition des Christstollens weitergelebt wird. Aus Dresden stammt der berühmteste Stollen. Doch auch im eigentlichen Erzgebirge und im Vogtland hat das Gebäck eine genauso lange Geschichte. Der Stollen unterscheidet sich in erster Linie anhand der Zutaten, die von Gegend zu Gegend variieren. Außerdem gibt es Rosinen-, Mandel- oder Mohnstollen. In der jüngsten Zeit sind noch viele „Erfindungen“ dazugekommen.

Früher (und heute noch in Familien, wo das Brauchtum nach wie vor eine große Rolle spielt) wurde der Stollen erst am Heilig Abend angeschnitten. Dafür „durfte“ die Familie dann bis Ostern Stollen essen ;-), denn diese wurden gern gleich im Dutzend gebacken. Dazu brachte die Hausfrau die Zutaten samt dem Familienrezept Anfang Dezember zum Bäcker (hier hatte jeder seinen Lieblingsbäcker), meist mit dem Schlitten – denn früher lag ja noch Schnee – im Wäschekorb. Am Abend oder dem nächsten Tag wurde der Stollen wieder abgeholt, einschließlich des leckeren Stollenteigkuchens, der aus dem Rest des Teiges gebacken wurde und das erste kulinarische „Highligth“ der Weihnachtszeit war.

 

Bergmann und Engel

Ein weiterer Brauch ist das Aufstellen von sogenannten Lichterträgern, d. h. Leuchtern in Form von geschnitzten oder gedrechselten Figuren. Die bekanntesten sind der Bergmann und der Engel, die im oberen Erzgebirge vor allem in den Fenstern stehen. Die Anzahl der aufgestellten Engels- oder Bergmannsfiguren symbolisierte in früheren Zeiten, wieviel Töchter oder Söhne im Haus lebten.

In den Kirchen der erzgebirgischen Bergorte wurden bereits im 13. Jahrhundert Altarleuchter aufgestellt, zumeist aus Silber oder Bronze, oft dreifüßig, die im Spätmittelalter bereits neben einem geschnitzten Engelsmotiv das des Bergknappen zeigten. Bergmännische Motive fanden schon früh Einzug in die Kirchen. Zwei der berühmtesten Beispiele sind der 1521 geweihte Bergaltar in der Annaberger Annenkirche, der Szenen aus dem Alltag der Bergleute darstellt, oder die Tulpenkanzel des Freiberger Doms, getragen von einem Bergknappen, die um bereits 1505/10 aus Hilbersdorfer Porphyrtuff errichtet wurde.

Aus den Kirchen heraus wurden die Motive dann nachgestaltet und in den Stuben der Bergleute aufgestellt. Die ältesten uns noch erhaltenen Bergmannsleuchter entstanden 1677 in Bockau und 1678 in Sosa. Neben Figuren, die auf Fensterbänken und Anrichten standen, gab es auch solche (zumeist Engelsfiguren), die an der Decke der Stuben aufgehängt wurden und regelrecht vom Himmel schwebten.

Noch heute werden die Originale vollständig in Handarbeit hergestellt. Obwohl in früheren Zeiten viele Bergleute die Figuren selbst schnitzen (wie auch heute noch in den Erzgebirgischen Schnitzvereinen) ist das Zentrum der Herstellung der Weihnachtsleuchter der Kurort Seiffen. Mit dem Rückgang des mittelalterlichen Bergbaus am Ende des 16. Jahrhunderts suchten sich die Menschen hier neue Erwerbsquellen. Und aus dem Zeitvertreib an langen Winterabenden wurde der Broterwerb.

Von Schwibbogen und Nussknackern

Ein nicht ganz so alter Brauch ist das Aufstellen eines Schwibbogens, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Johanngeorgenstadt entstand. Heute findet man Lichterbogen aus dem Erzgebirge an vielen Fenstern auch außerhalb der Ursprungsgegend. Der Name des Lichterbogens leitet sich auf Grund seiner Form vom Schwebebogen ab, einem Element aus der Architektur. Der wahrscheinlich älteste Schwibbogen stammt aus dem Jahr 1740 und wurde von C. J. Teller, einem Johanngeorgenstädter Bergschmied geschaffen. War dieser erste Schwibbogen noch aus Metall, sind sie heute oft aus Holz.  

Lange Zeit war die Annahme verbreitet, dass die Form des Schwibbogens das Mundloch eines Bergwerksstollens darstelle. Doch zeigten die ersten bekannten Schwibbögen christliche Motive oder Sonne, Mond und Sterne. Deshalb ist es wahrscheinlicher, dass die Lichterbogen den Himmelsbogen symbolisierten. Erst später zeigten sie Szenen aus dem Alltag der Bergleute und ihrer Familien. Eines der bekanntesten Motive ist das von zwei Bergleuten, die ein Wappen mit den sächsischen Kurschwertern tragen, einem Schnitzer und einer Klöpplerin. Damit wurden die drei Haupterwerbsquellen im Erzgebirge im 18. Und 19. Jahrhundert dargestellt. Doch auch Motive der Weihnachtsgeschichte oder des Winterwaldes wurden bald beliebte Gestaltungsvarianten.

Eine ganz besondere Bedeutung haben die dem Bogen aufgesetzten Lichter. Die Schwibbogen standen in den Fenstern der Bergmannsfamilien und sollten für den sicheren Weg der Bergleute nach Hause sorgen. Außerdem spiegelten sie die Sehnsucht der Menschen nach Licht wieder, denn ein Bergmann sah in der Winterzeit wochenlang kein Tageslicht, da es zu zwei Dritteln des Tages finster war.

Eine weitere typische Weihnachtsfigur ist der Nussknacker, eine Figur aus Holz, die Nüsse mit einer Hebeltechnik in ihrem großen Mund knacken kann, allerdings selten zu diesem Zwecke eingesetzt wird, da sie meist nur als Dekorationsobjekt dient.

Um 1800, als der Bergbau nahezu zum Stillstand kam, suchten die Menschen im Erzgebirge nach neuen Erwerbsquellen. Und so war es vor allem zwischen Seiffen, Olbernhau und Neuhausen das Drechseln, dass sich hier zum neuen Handwerkszweig herausbildete. Hatte man bisher dekorative Elemente von Stühlen und Möbeln gedrechselt, waren es jetzt Weihnachtsfiguren wie Engel, Bergmann, Schwibbogen, Pyramide oder Räuchermann und Holzspielzeug.

Der Nussknacker, wie er uns heute meist gegenübertritt, ist eine relativ späte Form des Weihnachtsschmucks, erstmals hergestellt als „Königsnussknacker“ vom Seiffener Drechsler Friedrich Wilhelm Füchtner im Jahre 1870.

Das meist sehr grimmige Aussehen der Nussknackerfiguren äffte die damalige Obrigkeit wie König, Militär, Beamtentum nach. Beliebte Motive wurden neben dem König der Husar, der Gendarm oder der Förster.

Räuchermann, Weihnachtsberg und Pyramide

Der Räuchermann wurde um 1830 zum ersten Mal erwähnt. Seither hat er sich einen festen Platz in der erzgebirgischen Weihnacht erobert.

Der Räuchermann „nabelt“ und bläst wohlriechende Schwaden von Weihrauch, Myrrhe oder Sandelholz in die Luft, Ingredienzien und Harze, die von jeher zusammen mit Holzkohle, Rotbuchensägemehl, Kartoffelstärke und Wasser zu kleinen Räucherkerzchen verarbeitet und in dem hölzernen Mann abgebrannt werden, in die Luft. Schon 1750 wurde die Herstellung von Räucherkerzchen im erzgebirgischen Crottendorf erwähnt, lange vor der ersten Räucherfigur. In den letzten Jahren sind weitere Düfte wie Tanne, Honig, Zimt, Lebkuchen oder Bratapfel hinzugekommen.

Räuchermänner werden aus heimischen Hölzern, wie der Buche, Birke, Fichte, Linde oder Buche gedrechselt. Motive für die Figuren bildeten von jeher einfache Berufsstände, allen voran der Klassiker Essenkehrer, gefolgt von dem Seiffnener Spielzeugmacher, der Kloßfrau, dem Hausierer, dem Kesselflicker oder dem Jäger. Aber auch Schneemänner, Knecht Ruprechte, der „Mohr“, der Fliegenpilz, der Nachtwächter oder das Hexenhäuschen reihen sich in die Parade der Räuchermänner ein. Inzwischen gibt es auch viele moderne Varianten des Räuchermannes.

Mit dem „Raachermannellied“ setzte der Heimatlieddichter Erich Lang dem rauchenden Gesellen ein Denkmal.

Eine andere Tradition, die es so nur in Erzgebirge gibt, ist der Weihnachtsberg. Der Weihnachtsberg entstand Anfang des 19. Jahrhunderts aus den sogenannten Buckelbergwerken, tragbaren schrankartigen Schaukästen, die die Darstellung eines Bergwerkes zum Inhalt hatten und in der Regel von einem Schausteller auf dem Rücken, dem Buckel, von Ort zu Ort getragen wurden. Diese kleinen Bergwerksnachbildungen entstanden erstmals zum Ende des 18. Jahrhunderts. Sie zeigten die bergmännische Kunst, und per Mechanik oder Handkurbel konnte das Einfahren in den Berg, das Hämmern und das Schieben der Grubenhunte nachgestellt werden. Dazu kamen oft auch akkustische Geräusche, die das ganze realitätsnah gestalten sollten. Später wurden die Bergwerksmotive durch Szenen der biblischen Weihnachtsgeschichte ergänzt.

Auch das Tragen auf dem Rücken geriet aus der Mode und die Familien stellten sich ihren eigenen Weihnachtsberg in die Stube, oft von Familienvater, dem Großvater oder den Söhnen selbst gebaut. Dort bildeten sie das Pendant zu den im süddeutschen Raum seit Jahrhunderten üblichen Krippen. Krippendarstellungen wurden dem Buckelbergwerk oft „einverleibt“.

Ein sehr alter Brauch, der bis ins Mittelalter zurückgeht und über den gesamtdeutschen Raum verbreitet war, ist die Pyramide, die in ihrer heutigen Form allerdings im Erzgebirge entstand. Besonders im Osten Deutschlands und im Spreewald gab es bereits den Drehbaum, der ähnlich funktionierte, wie die Pyramide und mit allerlei weihnachtlichem Schmuck versehen war. Kerzen, welche auf drehbaren Scheiben standen, trieben über die aufsteigende Wärme den Baum mittels eines Flügelrades an. Dieser Drehbaum, meistens aus Weidenruten geflochten und mit Kirschzweigen verziert, kann aber auch als ein Vorläufer des Weihnachtsbaumes ansehen werden.
Während im Süden Europas vor allem grüne Zweige ins Haus geholt wurden, waren es im Norden eher Lichter, die man aufstellte, um die Dunkelheit zu vertreiben. Im Laufe der Jahrhunderte vermischten sich diese Bräuche, und aus vier mit grünen Zweigen umwundenen Stäben, die am oberen Ende zusammengebunden und mit Lichtern versehen waren, entwickelten die Bergleute des Erzgebirges die heute noch gebräuchliche Pyramide. Sie stellt allerdings keinen Baum als Symbol ewigen Lebens, sondern die Pferdegöpel aus dem Bergbau nach. Das Innere des Stabgestells wurde mit in Handarbeit hergestellten Figuren, die Weihnachts- und Heimatmotive darstellten, bestückt, und die Kerzen wurden außerhalb der Drehscheibe statisch angebracht.

Mettenschicht und Bergparade

Der Ursprung der Christmette ist das in der Heiligen Nacht gesungene Stundengebet in der Kirche. Heute sind damit die Heilige Messe in der katholischen Kirche und der Gottesdienst zur Christnacht in den evangelischen Kirchen gemeint. In der Regel begann die Mette um Mitternacht vom 24. auf den 25. Dezember. Doch im Erzgebirge fand die Christmette für gewöhnlich in den frühen Morgenstunden des 25. Dezembers statt, was heute nicht mehr so der Brauch ist. Oft werden Christmetten schon am Nachmittag, früheren Abend oder 22.00 Uhr abgehalten. Doch handelt es sich dabei nicht um die eigentlichen Christmetten, sondern eher um Christvespern bzw. Abendmessen. Oft werden bei diesen Gelegenheiten Krippenspiele veranstaltet, die bereits im 12. Jahrhundert im süddeutschen Raum aufkamen. Das erste Krippenspiel mit lebenden Tieren fand 1223 in Assisi statt.

Auf die Christmetten zurückgehend gab (gibt) es im Erzgebirge den bergmännischen Brauch der Mettenschicht, der letzten verfahrenen Schicht vor der Heiligen Nacht, die mit der sich anschließenden Christmette beschlossen wurde. Die letzte Schicht beendete der Steiger in der Regel durch bestimmte Klopfzeichen. Anschließend gingen die Bergleute ins Huthaus, wo der Steiger eine weihnachtliche Ansprache, einer Predigt ähnlich, hielt. Das Huthaus wurde mit Tannengrün und weihnachtlichen Symbolen geschmückt. Die Knappen sangen zum Dank für die gemachte Ausbeute des Jahres bergmännische Lieder. Mit einem gemeinsamen Essen wurde die letzte Schicht beendet. Traditionsgemäß bestand das Mahl aus einfachen Speisen wie Bratwurst, Sauerkraut, Brot, später Kartoffelbrei und einem Kräuterschnaps, der im Erzgebirge seit dem frühen 17. Jahrhundert gebrannt wurde. 

Die Tradition der Bergparaden und Bergaufzüge reicht bis ebenfalls ins Mittelalter zurück und entstand im sächsischen Erzgebirge (Mark Meißen), was vor allem durch den Silberbergbau zu dieser Zeit schon ein hochentwickeltes Bergbauwesen hatte. Heute gehören die Bergparaden zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland und wurden im Dezember 2016 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Sie dienten (dienen) vor allen der repräsentativen Zurschaustellung der Gemeinschaft der Bergleute, wobei diese ihre Tracht oder einen Berghabit trugen. Dabei werden Fahnen, Flaggen und bergmännisches Arbeitsgerät mitgeführt. Seit 1768 gibt es eine Art Uniform als einheitliche Bekleidung bei den Paraden, bei denen auch Bergkapellen mitwirken. Die bekanntesten Bergparaden gibt es in Schneeberg, Annaberg, Freiberg, Chemnitz, Seiffen, Olbernhau, um nur einige zu nennen.

Das weihnachtliche Liedgut des Erzgebirges und die Kurrende

Im Erzgebirge gibt es eine ganze Reihe alter Volkslieder, die sowohl vom Bergbau erzählen als auch das Leben vor allem im Winter zum Inhalt haben. Dabei finden in erster Linie die Bräuche und Sitten Eingang in die Liedtexte.

Zu den bekanntesten Weihnachtsliedern gehört das „Heiligohmdlied“, das wohl längste Weihnachtslied der Welt, das es inzwischen auf über 140 Strophen gebracht hat. Die ursprüngliche Fassung stammt von Johanne Amalie von Elterlein, die bereits mit fünfzehn Jahren 1799 die ersten dreizehn Strophen geschrieben haben soll. Die von ihr im Lied genannten Personen haben wirklich gelebt und finden sich im Annaberger Stadtarchiv in Bevölkerungstabellen der Jahre 1799 und 1800 wieder.

Die älteste nachweisbare Niederschrift entstand im Jahr 1836. Eine Vertonung des Liedes erfolgte wahrscheinlich erst um die Mitte des 19. Jahrhundert.

Hier die ersten drei Strophen:

Heut' is der heil'ge Ohmd ihr Mäd
kummt rei, mer gießen Blei.
Fritz, laf när glei zr Hannelies
se muß beizeiten rei.

Mer hahm d'n Lächter a'gebrannt;
satt nauf, ihr Mäd, die Pracht.
Do drühm bei euch, is a recht fei,
ihr hot 'ne Sau geschlacht.

Ich hob mer a e Lichtel kaaft,
ver zwee un zwanzig Pfäng'.
Gi Hanne hul ä Tüppel rei,
mei Lächter is ze eng. ...

Stellvertretend für die Fülle von winterlichen Heimat- und Weihnachtsliedern soll noch das Lied „’s Raachermannel“ genannt werden, dessen Text in erzgebirgischer Mundart 1937 von Erich Lang verfasst wurde und die Tradition des „Männelweckens“ beschreibt, das heißt des Aufstellens der weihnachtlichen Figuren wie Räuchermann, Engel, Bergmann, Pyramide, Nussknacker und Schwibbogen.
Hier die erste Strophe:

Gahr für Gahr gieht’s zun Advent of’n Buden nauf,
werd e Mannel aufgeweckt: „Komm, nu stehste auf!“
Is es unten in dr Stub, rührt sich’s net vom Flack,
stieht wu’s stieht, doch bal gieht’s lus, ’s blest de Schwoden wag.

Refrain
Wenn es Raachermannel nabelt un es sat kaa Wort drzu,
un dr Raach steigt an dr Deck nauf,
sei mr allezamm su fruh.
Un schie ruhig is in Stübel, steigt dr Himmelsfrieden ro,
doch im Harzen lacht’s un jubelt’s;
Ja, de Weihnachtszeit is do.


Ein anderer, im Erzgebirge heute noch geübter Brauch ist die Kurrende, ein anfangs aus bedürftigen Kindern (Schülern) armer Familien bestehender Chor, der vom ältesten Schüler angeführt wurde. Die Kurrende in der evangelischen Kirche geht auf die Reformationszeit zurück und wird in ihrer heute noch gebräuchlichen Form Martin Luther zugeschrieben, der als Schüler bei Festen „singend an den Türen sein Brot erwarb“. 
Heute wird die Kurrende vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit gesungen. Im Erzgebirge gehört sie zum normalen Gottesdienstablauf, oder die Kurrendesänger (-innen) ziehen mit Kurrende- oder Mettenlaternen durch den Ort. Oftmals trugen die kleinen Sänger schwarze Radmäntel und flache Zylinderhüte. Eine der bekanntesten Darstellungen der Kurrende in der Volkskunst ist die Gruppe von gedrechselten Figuren vor der Seiffner Kirche.

Bräuche zum Heiligen Abend – Neinerlaa, Erbleuchter oder Heiligabendlicht, Weihnachtsbaum und Weihnachtssingen

Neben den bereits beschriebenen vorweihnachtlichen und weihnachtlichen Bräuchen, gehören die, die am Heiligen Abend direkt üblich sind, mit zu den ältesten.

Das raue Klima des Erzgebirges mit seinen schneereichen Wintern setzte den Menschen, die vornehmlich im Bergbau und im Wald beschäftigt waren, oft sehr zu. So sehnten sie sich nach Licht und Wärme. Diese Sehnsucht brachten sie in ihren Bräuchen zum Ausdruck, bei denen das Licht zumeist im Mittelpunkt stand. (Lichterbogen, Pyramide, Weihnachtsbaum, Adventsleuchter) Doch auch alte heidnische Bräuche fanden noch Eingang in die Traditionen. So ist es vor allem der Heilige Abend, an dem die Menschen besonders auf Rituale achteten, die ihnen für das nächste Jahr Glück und bescheidenen Wohlstand garantieren sollten.

Im Mittelpunkt des Weihnachtsabends stand das Weihnachtsessen, das Neinerlaa (Neunerlei), bei dem neun verschiedene Gerichte, die ihrerseits immer eine bestimmte Bedeutung für das kommende Jahr hatten, aufgetischt wurden. Dabei variierten die Speisen von Region zu Region etwas.  Es sollten jedoch alle Quellen, die Nahrung spendeten berücksichtigt werden. So stand die Gans für die Luft, der Hering – meist in Form von Salat –oder der Karpfen für das Wasser und die Schweinsbratwurst oder der Kuhhase (Kaninchen) für die Erde. Außerdem gab es Klöße, dafür, dass das große Geld nicht ausging, während Linsen den Fluss des kleinen Geldes garantieren sollten. Kompott wie Blaubeeren oder auch eingemachte Erdbeeren standen für den Genuss und dass man sich des Lebens erfreuen kann. Doch wurden auch Sauerkraut, Pilze, Rote Rüben, Sellerie und Semmelmilch - eine süße Speise -  sowie Nüsse oder Mandeln aufgetragen.

Auf die Festtafel gehörte auch ein Teller mit Brot und Salz, der den Seelen der Verstorbenen Wegzehrung sein sollte. Einiges Kleingeld oder einzelne Fischschuppen sollten ebenfalls dafür sorgen, dass der Geldsegen im nächsten Jahr nicht ausblieb.

Auch stand immer ein Gedeck mehr als Personen, die an der Tafel saßen, auf dem Tisch. Dieses Gedeck war für den fremden, unverhofften Gast, der sich an diesem Abend hierher verirrt hatte und Obdach suchte. Mancherorts steht es auch als Andenken an den zuletzt Verstorbenen. Diese Bräuche gehen zum Teil noch auf alte heidnische Kulte zurück.

Unter die Tischdecke, die frisch geplättet, gestärkt und ohne Loch sein musste, legte man das Heiligabendstroh, das an die Geburt Christies in einem Stall erinnern sollte.

Ebenso durfte an Heiligabend kein Brot gebacken werden und es hatte feierliche Stille im Haus zu herrschen. 

Ein besonderer Brauch, der einen sehr alten Ursprung hat, ist das Aufstellen eines Heiligabendlichtes oder auch Erblichtes. Der Leuchter, auf welchen eine Kerze stand, war meistens von Generation zu Generation weitervererbt worden und der Familienvater hatte die Aufgabe, das Licht zu entzünden. Erst wenn die Familie zu Bett ging, durfte das Licht gelöscht werden. Die Reste des Heiligabendlichtes bewahrte man im Schrank auf, um es bei Gewitter oder Krankheiten wie Husten oder Katarrh hervorzuholen und im gemahlenen Zustand dem Kranken zu verabreichen. Auch musste man darauf achten, dass es nicht zerbrach, denn das hätte den Tod für den Unglücksraben oder ein Familienmitglied bedeutet.

Neben dem traditionellen Essen spielte auch das Aufstellen des Weihnachtsbaumes eine große Rolle. In der Regel wurde der Baum (mehr oder weniger legal) im nahen Wald frisch geschlagen. Am Weihnachtsmorgen wurde er aufgestellt und von der gesamten Familie oder auch nur den Eltern geschmückt. Die Kinder sahen den Baum dann zur Bescherung am Heilig Abend. Gläserne Kugeln kamen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf, und waren auch oftmals zu teuer. Am Baum hingen deshalb Äpfel, mit Blattgold verkleidete Nüsse, Strohblumen oder -sterne und Papiergirlanden. Der Brauch, den Baum mit Kerzen zu schmücken, kam erst in der Biedermeierzeit auf. Die Familie versammelte sich dann um den Baum und sang, meistens vor dem Essen, traditionelle Weihnachtslieder. Aufstehen sollte man vor Mitternacht von der weihnachtlichen Tafel nicht, da das bedeuten konnte, dass man Opfer von Räubern wurde oder die Hühner im Stall keine Eier mehr legten.

In der Nacht zum 25. Dezember begannen die sogenannten Rau- oder Internächte, auch zwölf Nachte oder Wilde Jagd genannt. Doch was es damit aus sich hat, erfahrt ihr im nächsten Abschnitt.

Die Raunächte und Silvester

Ebenso wie der Heilige Abend gilt Silvester im Erzgebirge als ein besonderer Tag, wie andernorts auch. Doch im Weihnachtsland gibt es eine Vielzahl alter Bräuche, die einfach zu Silvester gehören.

Bereits in der Nacht vom 24.12. zum 25.12. beginnen die Raunächte (oder Rauhnächte), auch zwölf Nächte, Wilde Jagd oder Internächte genannt. Zurück geht dieser alte Volksglaube auch die germanische Zeit, hat seinen Ursprung sogar schon in der Antike, denn er ist auch in anderen europäischen Ländern anzutreffen. Auch in Ländern, die keltischen Ursprungs sind, gibt es die Wilde Jagd. Ursprünglich begann sie mit der Wintersonnenwende, dem 21. Dezember. Doch durch das Christentum wurde der Glaube überlagert und der Beginn verschob sich auf den 24. Dezember. Das Ende der Raunächte ist der Heilige Dreikönigstag, der 6. Januar. In diesen Zeiten zieht ein Geisterzug mit seinen wilden Jägern mit wildem Gerassel, Gestöhne und Getöse durch die Nächte. Wer ihn hört, dem stehen schwere Zeiten bevor. Der Legende nach ziehen in der Wilden Jagd Menschen mit, die eines gewaltsamen Todes gestorben sind, z. B. durch tragische Unglücke, in Schlachten gefallene Krieger oder Kinder, also Menschen, die „vor ihrer Zeit“ gegangen sind. 
Der Anführer des Zuges ist territorial unterschiedlich. In den nordischen Ländern ist es Odin, in Norddeutschland der Schimmelreiter, in Süddeutschland Perchta und in Mitteldeutschland Frau Holle. Älteste Berichte von der Wilden Jagd gibt es von einem Priester aus der Normandie aus dem Jahre 1091. Der älteste Nachweis der Volkssage in Deutschland findet sich um 1300, wo von einer Ritterschar gesprochen wird, die „wie daz Wuotez her“-rausche. In München beschrieb man etwa zur selben Zeit Geister wie „Wûtanes her und alle sîne man“. Hier hat man deutlich den Bezug zur germanischen Odinssage.

Die Herkunft des Wortes Rau(ch)-nacht ist nicht ganz eindeutig. Zum einen könnte es sich um das mittelhochdeutsche Wort „ruch“ im Sinne von haarig (Pelz) handeln, warum auch viele Bräuche während dieser Zeit sich auf die Ställe der Bauern beziehen. Oder das Wort „Weihrauch“ stand Pate, denn in den zwölf Nächten sollten die Ställe oder Häuser jeden Tag mit Weihrauch ausgeräuchert werden. 
Die Zwölf Heiligen Nächte symbolisieren auch die zwölf Monate des folgenden Jahres, und ließen z. B. einen Ausblick auf das Wetter zu. Auch sollte man sich seine Träume merken, um evtl. zu wissen, was einem das Jahr an Ereignissen bescherte.

Um den Gefahren der Raunächte zu entgehen, musste man einige strenge Regeln einhalten. Im Erzgebirge, wo das raue Klima ohnehin schon viel Stoff für Aberglauben bot, spielten diese Bräuche in diesen zwölf Nächten eine übergeordnete Rolle.

So durfte in dieser Zeit keine Wäsche gewaschen und aufgehangen werden, da sich das Wilde Heer sonst würde verfangen können bzw. damit die Engel auf dem Oberboden oder auf der Tenne tanzen konnten. Frauen und jungen Mädchen sollten des Nachts nicht mehr draußen herumlaufen und alle wichtige Arbeit im Haus musste getan sein. Unbedingt musste das Zerschlagen von Porzellan vermieden werden, denn das brachte dem Verursacher an dem entsprechenden Lostag Unglück für den dazugehörigen Monat.

Auch ruhte in dieser Zeit der Bergbau.

Ein besonderer Lostag war Silvester. Der wichtigste Brauch an diesem Tag war das Bleigießen, das dazu diente, die Zukunft voraussagen zu können.

Neben einer speziell gewürzten Silvesterbratwurst war der Silvesterkarpfen ein traditionelles Essen für diesen Tag. Man hob eine Schuppe des Fisches auf und schob sie in seinen Geldbeutel. Damit hoffte man darauf, dass einem das Glück bringen und auch das Geld nie ausgehe würde.

Ein weiterer weniger bekannter Brauch, ist das sog. Bibelstechen. Dabei wurde mittels eines flach angespitzten Holzspans eine Seite der Bibel willkürlich „aufgestochen“. Der entsprechende Bibelspruch war dann sinnbildlich ein Hinweis auf bestimmte Ereignisse im neuen Jahr, die das Schicksal bereithielt.

Viele dieser Bräuche spielen auch heute noch eine große Rolle, obwohl man oft deren Ursprung gar nicht mehr kennt. Und wie überall auf der Erde wird auch im Erzgebirge das neue Jahr mit Licht begrüßt. War es in früherer Zeit das „Neigahrslichtln“, so sind es heutzutage Wunderkerzen, das Abschießen von Silvesterraketen und Böller, die das neue Jahr begrüßen.

 

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